In der Realität: Perhan ist Davor Dujmovic, ein Junge von 19 Jahren, aus Sarajevo (Sarajevoer). Er hat außerordentlich die Mittelschule (will nicht sagen welche) abgeschlossen. Die Prüfungen legte er völlig anonym ab und versuchte sich aus den Augen (vom Gesicht) nicht ablesen zu lassen, dass er ein Schauspieler ist, der bereits 3 Filme hinter sich hat (er spielte in: „Papa ist auf Dienstreise“ den älteren Sohn der Familie, „Strategie der Elster“ und jetzt im „Time of the Gypsies“ mit). In beiden Filmen von Kusturica spielt er auf der Ziehharmonika. Bei dieser Feststellung gibt er gerne zu, dass er noch eine abgeschlossene Schulbildung hat (Musikgrundschule). Er hat einen jüngeren Bruder und eine Schwester, Vater und Mutter. Die Familie hat sich bereits daran gewöhnt einen Schauspieler zu haben und wie Davor es sagt nehmen das zu hause alle ganz normal hin.
Wie bist du zum Film gekommen?
Ganz zufällig. Kusta hat mich in der Kneipe „Dalmatien“ gefunden, wo ich mit meinem Vater saß. Später haben sie mich, nach „Papa“, zum Dreh eingeladen.
Bindest du deine Zukunft an den Film, oder denkst du daran, wenn die Aufnahmen beendet werden erneut ein Student/Schüler zu werden?
Den Film werde ich verlassen, wenn das ein schlechter Job wird, und es wird schlecht werden, wenn ich gehe (ergänzt er durchs Lachen)
Jemand hat schon gesagt, dass du nach dem Ausstrahlen dieses Filmes der berühmteste Zigeuner/Roma auf der Welt sein wirst. Wie siehst du das?
Der Film ist ausgezeichnet und wahrscheinlich wird er mir das ermöglichen.
Ist es eine harte Arbeit, und kannst du uns einige interessante Dinge vom Dreh erzählen?
Es war fast unvorstellbar schwierig, doch gleichzeitig war es so schön, dass nicht einer daran dachte, die Arbeit aufzugeben. Wir haben neun Monate gearbeitet. Begonnen haben wir bei einer Temperatur von etwa plus 40 Grad und gerieten in schneidende Kälte. Der Film handelt vom Leben der slowenisch-kroatischen Roma („Zigeunerleben“). Das zwang mich auch bei großer Kälte Barfuß und nur in Unterhosen durch die Gegend zu laufen. In Mailand, zum Beispiel, schwamm ich bei minus 15 Grad im Kanal. Das war unmöglich. Wenn ich aus dem Wasser tauchte, in das mir irgendein Goldstück hineingefallen war, musste ich:“ Scheiß Wasser!“ sagen, jedoch habe ich das vor lauter Kälte ein paar Mal vergessen, so dass wir die Szene wiederholen mussten.
Der Film ist so traurig, sagen diejenigen, die ihn gesehen haben, dass selbst die Teammitglieder in einigen Szenen während dem Dreh geweint haben …
Ja, dass haben sie. Und das ist gerade am unglaublichsten. Ich habe nicht geweint, weil ich genau in diesen traurigen Szenen mitgespielt habe. Aber, stellen Sie es sich vor, wenn die Menschen weinen trotz all dem Lärm , Kabel, Kameras, Reflektoren, dann sind das Tatsachen die wahrhaftig einiges aussagen. Denn es war nicht mehr nur Film. Das war die Wahrheit für uns alle.
War es schwer, sich in das Leben der Zigeuner zu integrieren /anzupassen, sich an etwas zu gewöhnen was für dich neu war, etwas was eine einfache Welt ist, die erst aufkeimt/ emporquillt in diese Zivilisation einzigartige Erfahrung?
Es war schwer. Am Anfang war es für mich als würde ich mit Außerirdischen zusammenarbeiten. Jedoch waren sie ausgezeichnet. Sie haben sich uns sehr schnell angepasst. Den größten Kontakt im Film verwirkliche ich, so zu sagen, mit Ljubica Adzovic – sie ist meine Großmutter. Und es war schön mit ihr zu arbeiten. Unglaublich, aber sie hat nicht geschauspielert. Sie hat sich nur so benommen, wie ihr es Kusturica erklärte, und dem Ganzen ihre riesige Lebenserfahrung hinzugefügt.
Was war es, was die Teamzusammengehörigkeit am meisten gestärkt hat?
Das war natürlich Kusturica, eine erstaunliche Autorität und dann auch die Freundschaft, die
sich zwischen uns entwickelt hat.
Du bist der tragische Held des Films, meistens einsam oder mit dem Truthahn. Was für ein Schicksal hat euch verbunden?
Der Truthahn ist eigentlich immer der einzige auf meiner Seite ist. Er ist stets in meinen Träumen. Aus eigenem Wunsch, jagte ich ihn fort von mir, als ich mich aufmachte um Azras Hand anzuhalten, denn da bin ich bereits erwachsen und selbständig, aber kurzdarauf kehrte ich in meinen Gedanken immer wieder zu ihm zurück. Jedoch, ereilte den Truthahn ein übles Schicksal. Gemäß dem Szenario hat ihn mein Film-Onkel aufgegessen. Das hat mich dennoch nicht davon abgehalten die ganze Welt als einen besseren oder schlechteren Truthahn zu erleben / betrachten.
Der Film ist eine Liebesgeschichte mit tragischem Ende. Die Figur des Perhan entwickelt sich von einem zwölfjährigen Jungen zum Vater, der am Ende umkommt. Erzähl uns doch, Davor, wie du als Schauspieler diese enorme Transformation durchlebt und deine „Film-Liebe“ erlebt hast?
Als erstes musste ich lernen, dass die Frau für die Roma/“Zigeuner“ Eigentum ist und es in der Liebe keine große Wunder oder Überraschungen gibt. Da ich jedoch kein „blutsreiner“ Roma/“ Zigeuner“ bin, sondern zu Hälfte ein „Soldaten-Bastard“, erlebe ich das alles auf eine andere Art und Weise. Jedoch ist die Figur des Perhan so konstruiert, dass er am Ende selbst zum Bösewicht wird, und da alle anderen Bösewichte in dem Film bereits getötet wurden, so bleibt nichts anderes übrig als das Kusturica auch mich am Ende „tötet“.
Wie siehst du deinen „Reifeprozess“ im Film. Du bist dabei ja auch Vater geworden?
Alle neun Monaten während der Aufnahmen, habe ich mit dem Szenario gelebt, so das es mir zur Normalität wurde. Allerdings gibt es in dem Film so viele Wunder, so dass das „Vater-werden“ noch zu den normalsten Sachen zählt.
Verrate uns einige dieser „erstaunlichen/ verwunderlichen /wundersamen“-Szenen.
Nun, wenn wir bereits die Tatsache akzeptieren, dass es ein Film über die Zigeuner / Roma ist, einem Volk, das phantasievoll ist und an etliche Wunder glaubt, dann ist alles was Kusturica in den Film eingebettet hat in solch eine Welt integriert und erscheint als das einzig Mögliche. Zum Beispiel, wenn mein Frau im Film bei der Geburt stirbt, geht sie in den Himmel, in den ersten Szenen fliege ich ebenfalls in 42 Mete Höhe, aber dass alles werdet ihr selbst sehen …
Der Film wurde in der slowenisch-kroatischen Roma-Sprache gedreht. Wie lief das Lernen?
Wunderbar. Als erstes muss man das Schimpfen erlernen, und dann geht alles von selbst.
Kannst du uns zum Schluss auch noch etwas über deine Schauspielstrategie sagen? Was bedeutet dir das Schauspielern? Du hast mit Laiendarstellern, aber auch mit Schauspielern wie Miki Manojlovc und Bora Todorovic zusammengearbeitet.
Mir liegt mehr die Laienschauspielerei. Aber letztendlich haben sich, sowohl die einen als auch die anderen, an die Anweisungen des Regisseurs zu halten.
Wie ist Kusturica als Regisseur?
Ich habe nicht mit vielen Regisseuren zusammengearbeitet um ihn vergleichen zu können, aber für mich ist er der beste.
Die Premiere ist morgen Abend. Wie erwartest du sie, bist du gelassen? Tatsache ist das du nach der Filmvorführung zu einem weltweit bekannten Gesicht wirst.
Ich wünsche mir das all das so schnell wie möglich vorbeigeht und das Publikum seine Meinung dazu äußert. Dann erst werde ich mich vollständig entspannen können. So befinde ich mich immer noch in einem seltsamen Zustand. Am schwersten fällt es mir, mir Gedanken darüber zu machen, was all diese Leute über mich oder den Film denken. Aber zum Glück dauert das alles viel kürzer als der Dreh, als auch der Film selbst.